9. Oktober 2018
Gene für Blütenfarbe im Löwenmäulchen identifiziert
Evolutionäre Prozesse teilen Löwenmäulchen in zwei Farben – Studie erscheint in PNAS
Löwenmäulchen sind bezaubernde, hohe Pflanzen und blühen in leuchtenden Farben. In Spanien, wo Löwenmäulchen wild wachsen, zeigen diese Blütenfarben ein bemerkenswertes Muster: Entlang einer Straße von Barcelona in die Pyrenäen blühen Löwenmäulchen der Art Antirrhinum majus. Zu Beginn der Straße blühen sie in Magenta, dann gewinnt eine Population gelb blühender Löwenmäulchen die Oberhand – getrennt nur durch einen zwei Kilometer langen Abschnitt, in dem sich die Blütenfarben vermischen. Solche Hybrid-Zonen sind bei Löwenmäulchen recht selten; es sind nur wenige andere bekannt. Aber warum mischen sich die Löwenmäulchen nicht, sodass die gelben und magentafarbenen Blüten auf größeren Flächen gemeinsam wachsen? Nick Barton vom Institute of Science and Technology Austria (IST Austria) untersuchte die Ursachen dieses Musters gemeinsam mit David Field, der zuvor Postdoc in Nick Bartons Gruppe war und heute Assistant Professor an der Universität Wien ist, und mit MolekulargenetikerInnen am John Innes Center in Norwich. In der heutigen Ausgabe des Fachjournals PNAS berichten die WissenschafterInnen, dass sie aus DNA-Sequenzierungsdaten die Gene identifiziert haben, die für den Farbunterschied zwischen Blüten verantwortlich sind.
„Die Sequenzierung von DNA wird immer billiger. Aber es ist sehr schwierig, diese Daten zu analysieren und die Muster darin zu interpretieren“, erklärt Nick Barton, „In dieser Studie haben wir Sequenzdaten von Antirrhinum-Pflanzen verwendet und daraus die einzelnen Gene lokalisiert, die für den Unterschied in der Blütenfarbe entlang der Hybridzone verantwortlich sind“. Die Forscher verglichen die Genomsequenz von 50 Löwenmäulchen jeder Farbe und maßen, wie stark sich die Sequenzen zwischen den magentafarbenen und gelben Löwenmäulchen-Populationen unterschieden. Indem sie ein statistisches Maß für die Divergenz zwischen den beiden Populationen auswerteten, fanden sie „Inseln“ im Genom, an denen die magentafarbenen und gelben Löwenmäulchen sich stärker voneinander unterschieden als im restlichen Genom. Diese Inseln entsprachen den Genen, die für die Blütenfarbe verantwortlich sind. Die aktuelle Studie konzentriert sich auf zwei dieser Gene, die das Magenta-Pigment bestimmen und im Genom nahe bei einander liegen.
Wie der scharfe Unterschied zwischen magentafarbenen und gelben Populationen aufrechterhalten wird, war Gegenstand der Doktorarbeit von Tom Ellis im Labor von Nick Barton. Durch Beobachtungen sowohl im Feld als auch in Experimenten am IST Austria fand Ellis heraus, dass Bienen es vorziehen, die häufigste Blütenfarbe zu bestäuben: In magentafarbenen Populationen bestäuben Bienen hauptsächlich magentafarbene Blüten, in gelben Populationen bestäuben Bienen hauptsächlich gelbe Blüten. Diese Auswahl zugunsten der häufigsten Blütenfarbe führt zu einer scharfen Trennung der Population und verhindert den Austausch von Genen, die sich in der Nähe der Blütenfarbe-Gene befinden.
In der aktuellen Studie wollten die Forscher wissen, wie der Unterschied zwischen den Löwenmäulchen-Populationen entstand. Sie fanden zwei Gründe, warum die Gene für Blütenfarbe zwischen den Populationen divergieren. Erstens begünstigte die Selektion neue Varianten der Blütengene, die die Blüten für Bienen attraktiver machten – so dass sich diese Gene in der Population rasch vermehrten, was ein scharfes Signal in den DNA-Sequenzen hinterließ. Zweitens werden die Blütengene zu Barrieren für den Genaustausch. Alle Gene, die sich in der Nähe oder zwischen den Blütengenen befinden, können nicht einfach zwischen den Populationen ausgetauscht werden, so dass die Region des Genoms um die Gene, die die Blütenfarbe bestimmen, divergent wird.
„Selbst wenn DNA-Sequenzierungsdaten reichlich vorhanden sind, ist es oft schwierig herauszufinden, warum sich Arten unterscheiden. Unsere Studie ist das Ergebnis jahrelanger Arbeit, die Feldforschung und Populationsgenetik mit Kreuzungsexperimenten und der Analyse der Genexpression verknüpft“, erklärt Nick Barton.