23. August 2016
Vier ERC Starting Grants für IST Austria-Professoren
Bernd Bickel, Jan Maas, Gaia Novarino und Beatriz Vicoso erhalten höchst anerkannten Förderpreis | 27 ERC-geförderte Projekte am IST Austria
Vier Assistant Professoren am Institute of Science and Technology Austria (IST Austria) erhalten hochdotierte Starting Grants des Europäischen Forschungsrats (ERC). Dem Computerwissenschaflter Bernd Bickel, dem Mathematiker Jan Maas, der Neurowissenschaftlerin Gaia Novarino und der Evolutionsbiologin Beatriz Vicoso wurde jeweils ein Förderpreis im Wert von ca. 1,5 Millionen Euro zugesprochen. IST Austria-Präsident Thomas Henzinger gratuliert den PreisträgerInnen: „ERC Starting Grants würdigen die exzellente Forschung junger talentierter WissenschaftlerInnen. Mit vier weiteren ERC Starting Grants für das IST Austria erhöht sich die Gesamtzahl unserer ERC-geförderten Projekte auf 27. Dieser Erfolg bestätigt unsere Berufungsstrategie.“ ERC Starting Grants werden an junge erfolgreiche WissenschaftlerInnen verliehen, die nachweislich über das Potenzial verfügen, unabhängige Gruppenleiter in ihrem Forschungsbereich zu werden.
Im Jahr 2016 erhielten die Professoren des IST Austria bisher sieben ERC Grants. Zusätzlich zu den vier Starting Grants für Bernd Bickel, Jan Maas, Gaia Novarino und Beatriz Vicoso wurden ERC Advanced Grants an die Neurowissenschaftler Peter Jonas und Ryuichi Shigemoto sowie an den Physiker Robert Seiringer verliehen.
Bernd Bickel forscht in den Bereichen Computergrafik und digitale Fabrikation
In seinem Projekt wird Bernd Bickel intelligente Berechnungs- und Designmethoden für die digitale Fabrikation untersuchen. Während die 3D-Technik revolutionäre Möglichkeiten für die Herstellung komplexer, funktionaler Objekten aus mehreren Materialien und mit erstaunlichen Eigenschaften verspricht, ist ihr möglicher Einsatz derzeit durch den Mangel effizienter und intuitiver Methoden zur Erzeugung von Inhalten beschränkt. Er wird eine neue Berechnungsmethode aufzeigen, die das intuitive Design, die genaue und schnelle Simulation und eine funktionale Darstellung von 3D-Inhalten ermöglicht. Sein Vorschlag sieht die Darstellung funktionaler Ziele und Hybridmodelle in mehreren Maßstäben vor, die das physische Verhalten mit grobem Ausmaß und die Beziehung zu den darunterliegenden Materialien mit der Auflösung eines 3D-Druckers beschreibt. Sein Ansatz verbindet die datenbasierte und physische Modellierung, so dass sowohl die erforderliche Geschwindigkeit als auch die Genauigkeit durch intelligente Vorausberechnungen und maßgeschneiderte Simulationen mit Daten möglich werden.
Bernd Bickel erwarb sein Doktorat an der ETH Zürich. Zwischen 2010 und 2012 war er Gastprofessor an der TU Berlin und wurde danach Forscher und Gruppenleiter am Disney Research Zurich. 2015 erhielt er den Microsoft Visual Computing Award und wurde zum Assistant Professor ans IST Austria berufen.
Jan Maas untersucht optimalen Transport und stochastische Dynamik
Viele wichtige Eigenschaften stochastischer Prozesse sind stark mit der darunterliegenden geometrischen Struktur verknüpft. Das entscheidende Maß in vielen Anwendungen ist eine Untergrenze der Ricci-Krümmung. Da viele wichtige Prozesse in diskreten, unbegrenzt dimensionalen und einfachen Räumen beschränkt sind, war die Forschung vorrangig auf die Entwicklung einer über das klassische Riemann-Setting hinausgehenden Ricci-Krümmung gerichtet. Das führte zu den leistungsstarken Theorien von Bakry-Émery und Lott-Sturm-Villani. Jan Maas wird eine umfassende Theorie der Krümmungsdimension für diskrete Räume, die auf der geodesischen Konvexität von Entropie-Funktionen entlang des diskreten optimalen Transports beruhen. Er wird die diskrete stochastische Dynamik mit neuen Methoden zur Konvergenzprüfung analysieren. Sein Ziel sind die geometrischen und funktionalen Ungleichheiten in der Quantenprobabilität sowie die Anwendung der Ergebnisse auf die Analyse der Quanten-Markov-Prozesse.
Jan Maas schloss das Doktorat in der Mathematik an der TU Delft ab. Danach war er als Postdoc an der University of Warwick und der Universität Bonn beschäftigt. Seit 2014 ist er als Assistant Professor am IST Austria.
Gaia Novarino analysiert genetische und molekulare Basis neurologischer Entwicklungsstörungen
Autism Spectrum Disorders (ASD) meinen eine Gruppe neurologischer Auffälligkeiten, die durch stereotype oder wiederkehrende Verhaltensweisen oder die Beeinträchtigung der sozialen Interaktions- und Kommunikationskompetenzen, häufig genetischen Ursprungs, geprägt sind. ASD wurden als neurologische Entwicklungsstörungen klassifiziert, wodurch unumkehrbare Schäden in der Reifung der neuronalen Schaltkreise impliziert werden. Genmutationen der BCKDK (branched chain ketoacid dehydrogenase kinase) führen zu einer möglicherweise vermeidbaren und umkehrbaren Form von ASD. Die unmittelbarste Folge von BCKDK-Mutationen ist ein Hypermetabolismus der BCAAs (branched chain amino acids), wodurch ein ungewöhnlich niedriger Pegel von Serum und BCAAs im Gehirn entsteht. Gaia Novarino plant die Verbindung zwischen BCAAs, ASD, Hirnentwicklung und Kognition aufzuklären, die Möglichkeiten von BCAAs zur Umkehrung von durch mutierte ASD-Gene ausgelöste Symptome zu erfassen sowie den Einsatz zerebraler Organoide aus menschlichen Stammzellen zu erproben, um die wichtigsten pathologischen Veränderungen von genetisch bedingten, aber funktional homogenen ASD-Formen zu identifizieren.
Gaia Novarino schloss ihr Doktorat an der Unversität “La Sapienza” in Rom ab. Später arbeitete sie als Postdoc am Zentrum für Molekulare Neurobiologie Hamburg und an der University of California, San Diego. Sie ist Gewinnerin des FENS Research Award 2016 und FENS-Kavli Scholar 2016. Seit 2014 ist sie Assistant Professor am IST Austria.
Beatriz Vicoso forscht an Biologie des Geschlechtschromosoms und Evolution
Männchen und Weibchen unterscheiden sich sehr in Phänotyp, Physiologie und Verhalten. Sexueller Antagonismus als Folge von Merkmalen und/oder Mutationen, die einem Geschlecht zuträglich und dem anderen schädlich sind, können theoretisch zu starkem Diphormismus führen. Seine Quantifizierung hat sich jedoch als schwierig erwiesen, und nur wenige experimentelle Studien haben die systematische Identifizierung der antagonistischen Gene versucht. Arten mit sexuellen und asexuellen Populationen bieten einen viel versprechenden Ansatz, dieser Frage nachzugehen. In ihrem Projekt wird Beatriz Vicoso die Hypothese, dass ein weit verbreiteter Antagonismus die genetische Expression beibehält, an Hand des Salzkrebses Artemia als Modellsystem prüfen. Konkret wird sie die genetische Expression von eng verwandten sexuellen uns asexuellen Salzkrebsarten vergleichen, das Z-Chromosom der sexuellen und asexuellen Arten kennzeichnen und das Genom der antagonistischen Gene in der Population untersuchen. Ihre Analysen werden den sexuellen Antagonismus, seinen Geltungsbereich und Einfluss auf die genetische Expression und genomische Evolution umfassend darlegen.
Beatriz Vicoso absolvierte ihr Doktorat an der University of Edinburgh. Zwischen 2009 und 2014 arbeitete sie als Postdoc an der University of California Berkeley. Sie erhielt einen FWF Standalone-Grant und ist seit 2015 als Assistant Professor am IST Austria tätig.