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1. August 2024

Wind, Wasser und der Klimawandel

Atmosphären-, Ozean- und Klimaforscherin Caroline Muller zur Professorin befördert

Caroline Muller, eine der ersten Klimawissenschafter:innen am Institute of Science and Technology Austria (ISTA), wurde soeben zur Professorin befördert. Hier spricht sie darüber, was Delfine mit ihrer Faszination für Wolken zu tun haben und wie sich die Rekordtemperaturen der Meere auf den bevorstehenden Wechsel zum Wetterphänomen La Niña in diesem Sommer auswirken könnten.

Caroline Muller
Caroline Muller. Die Atmosphären-, Ozean- und Klimaforscherin Caroline Muller wurde zur Professorin am ISTA befördert. © ISTA

Ursprünglich wollten Sie Astronautin werden. Jetzt beobachten Sie Wolken mit Hilfe von Daten aus dem Weltraum. Was fasziniert Sie daran?

Der Gedanke, dass wir Menschen es schaffen, zum Mond zu fliegen, aber immer noch nicht ganz verstehen, wie eine Wolke funktioniert oder was in den Tiefen unserer Ozeane lauert, weckte früh meine wissenschaftliche Neugier. Darüber hinaus haben mich Phänomene wie die Bildung von Luftringen durch Delphine für die Strömungsdynamik begeistert. Wir sind von Fluiden, das heißt von Flüssigkeiten und Gasen, umgeben, angefangen bei der Luft, die wir atmen. Wolken zeigen uns auf äußerst subtile Weise, wie sich die Atmosphäre um uns herum bewegt. Deshalb habe ich schließlich beschlossen, mich während meines Doktorats mit geophysikalischer Strömungsdynamik zu beschäftigen.

Unser sich schnell erwärmendes Klima hat einen großen Einfluss auf Ihr Interessengebiet. War das auch ein Grund, warum Sie sich nach dem Studium der Luft- und Raumfahrttechnik schließlich der Klimaforschung zugewandt haben?

Die Verbindung zum Klimawandel war indirekt. Zunächst wollte ich die physikalischen Prozesse hinter diesem globalen Phänomen verstehen. Aber schließlich haben mich auch die gesellschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels berührt, wie z. B. die Veränderungen der Niederschlagsmuster im Mittelmeerraum und auf der Iberischen Halbinsel. Unsere Arbeit wird noch persönlicher, wenn wir als Wissenschafter:innen solche Phänomene aus erster Hand erfahren. Wir sehen dann, dass unsere Forschung das Potenzial hat, sich auf viele Menschen auszuwirken.

Was sind einige der wichtigsten aktuellen Entwicklungen in der Klimaforschung?

So wie sich das Klima und die Klimaforschung weiterentwickeln, so verändern sich auch unsere Anforderungen, um sie besser zu verstehen. Unsere Forschungsbereiche sind sehr dynamisch und wir müssen immer neue Fragen stellen und beantworten. So sind sich beispielsweise die Klimamodellierer:innen zunehmend der Grenzen ihrer Modelle bewusst. Unsere Aufgabe als Forscher:innen, die sich für die physikalischen Prozesse des Klimas interessieren, besteht darin, die grundlegenden physikalischen Zusammenhänge zu untersuchen.

Illustration von wolkenauflösenden Simulationen
Illustration der wolkenauflösenden Simulationen, die in Caroline Mullers Arbeit verwendet werden. © Caroline Muller, ISTA

Zum Beispiel können wir nun ein großes Netz räumlich besser definierter ‚globaler sturmauflösender Modelle‘ (Englisch, ‚global storm-resolving models‘, GSRM) miteinander verknüpfen, auch wenn diese weiterhin sehr rechenintensiv sind. So können wir die einzelnen Faktoren herausfinden, die globale Auswirkungen haben könnten.

In Ihrer Arbeit erforschen Sie etwa flüssige Wolken, die Bildung von Aerosolen, aufgeladene Staubpartikel und die Elektrizität von Blitzen. Welche Frage beschäftigt Sie im Moment?

Die größte Veränderung, die ich in wissenschaftlicher Hinsicht erlebt habe, war der Wechsel zum ISTA, wo ich auf eine neue Gemeinschaft von Forscher:innen diversester Fachgebieten gestoßen bin. Die Tatsache, dass ich eine der ersten Geowissenschafter:innen am Institut war, ermöglichte mir die Zusammenarbeit in Bereichen, die ich mir anfangs nicht vorstellen konnte. Meine Forschung im Südlichen Ozean begann erst, als ich 2021 ans ISTA kam. Zusammen mit Sima Dogan – aktuell im Doktorat in meiner Gruppe – untersuchen wir, wie der Südliche Ozean um die Antarktis die pazifischen und atlantischen Gewässer belüftet. Aus physikalischer Sicht finde ich oft einfache Fragen verblüffend. Der antarktische Zirkumpolarstrom wird zum Beispiel hauptsächlich vom Wind angetrieben. Bei stärkeren Winden würde man erwarten, dass die Strömung schneller wird. Aber stattdessen beobachten wir mehr Ozeanwirbel. Daher möchte ich untersuchen, wie viel Energie in die Beschleunigung der Strömung und wie viel in die Verwirbelung fließt.

Apropos Ozeane und starke Winde: Im Juni verkündete die Weltorganisation für Meteorologie das Ende des Klimaphänomens El Niño und einen bevorstehenden Wechsel zum gegenteiligen Effekt, La Niña. Wie wird sich dies auf das Wetter in Europa auswirken?

Das Naturereignis El Niño führt zu einem globalen Temperaturanstieg. El-Niño- und La-Niña-Phasen wechseln einander ab, was zu erheblichen Schwankungen im Klimasystem unseres Planeten führt. El Niño erwärmt den äquatorialen Pazifik und treibt die globalen Temperaturen in die Höhe. La Niña hingegen führt zu einer Abkühlung. Wann und wie schnell sich die kommende La-Niña-Phase entwickeln wird, ist sehr schwer vorherzusagen. Die abkühlende Wirkung von La Niña könnte die globale Erwärmung vorübergehend etwas verlangsamen. Doch leider bedeutet das Ende von El Niño keine Pause bei der langfristigen globalen Erwärmung, die durch die Zunahme der Treibhausgase aufgrund menschlicher Aktivitäten verursacht wird.

Eye Of The Storm
Das Auge des Wirbelsturms aus dem Weltall. © Pixabay

Was bedeutet diese Veränderung für tropische Wirbelstürme, eines Ihrer Forschungsinteressen, im Zusammenhang mit den seit über einem Jahr rekordverdächtigen Meeresoberflächentemperaturen?

El Niño begünstigt tropische Wirbelstürme im Ostpazifik und lässt sie im Atlantik seltener werden. La Niña bewirkt das Gegenteil. Tropische Wirbelstürme reagieren sehr empfindlich auf die Meeresoberflächentemperatur, da ein Großteil ihrer Energie aus der Verdunstung an der Meeresoberfläche stammt und die Verdunstung mit der Temperatur zunimmt. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es noch zu früh um vorhersagen zu können, ob das bevorstehende La-Niña-Ereignis zu heftigeren Wirbelstürmen im Atlantik führen wird.

Die Erforschung von Zyklonen bleibt also spannend. Wohin führt Ihre Forschung Sie als nächstes?

Mich treiben eine tiefe wissenschaftliche Neugier und all die wissenschaftlichen Rätsel an, die ich lösen möchte. Wir bewegen uns sicherlich in Richtung vereinfachter Klimamodelle, die sich auf die entscheidenden Parameter konzentrieren, mit denen sich Naturereignisse erklären und zuverlässig vorhersagen lassen. Wenn man zum Beispiel bedenkt, dass die Temperatur in der Troposphäre – der untersten Atmosphärenschicht, in der sich die meisten Wolken befinden – mit der Höhe stetig abnimmt, könnte man sich fragen, wie sich eine Wolkenpopulation unter einfachen Temperaturprofilen verhält. Sammeln sie sich wie in Wirbelstürmen oder bilden sie sich einzeln? Wir sollten bedenken, dass tropische Wirbelstürme nicht nur in den Tropen, sondern in verschiedenen Klimazonen auftreten. Schließlich ist unsere Atmosphäre überall auf der Erde die gleiche, sie wird nur lokal von unterschiedlichen Parametern beeinflusst. Was also in den Tropen passiert, bleibt nicht in den Tropen. Unser Klima ist global und erfordert globale Lösungen.

Ich freue mich darauf, mich weiterzuentwickeln und anzupassen, sowie wissenschaftliche Risiken und weitere Kooperationen einzugehen. Die Erforschung der Erde ist ein hochgradig multidisziplinäres Unterfangen und meine Gruppe freut sich über die Zusammenarbeit mit Forscher:innen aus allen Fachbereichen. An alle Wissenschafter:innen da draußen, die an unserer Forschung interessiert sind: zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren!



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