17. März 2022
ISTA-Forscher:Innen erhalten prestigeträchtige HFSP- und ERC-Stipendien
Wissenschafter:innen erhalten Mittel für neue Forschungsprojekte
Drei Förderungen in einer Woche. Die Neurowissenschafterin Gaia Novarino, der Informatiker Christopher Wojtan und der Zellbiologe Carl-Philipp Heisenberg vom Institute of Science and Technology Austria (ISTA) überzeugten die Stipendienjurys mit kreativen und neuen Ansätzen für wissenschaftliche Fragen.
Finanzhilfen, sogenannte Grants, sind ein wichtiger Indikator, um die Qualität und Bedeutsamkeit von Forschung zu messen. Jetzt freuen sich drei ISTA-Professor:Innen über finanzielle Unterstützung für ihre Projekte.
Gaia Novarino: Autismus verstehen
Die Zerebrospinalflüssigkeit (CSF), die alle Zellen des Gehirns umgibt, dient als Polster für dieses lebenswichtige Organ – aber das ist offenbar nicht alles, was sie tut. Mehrere Studien haben gezeigt, dass die Zusammensetzung der Flüssigkeiten, die die Gehirnzellen umgeben, die Entwicklung des Gehirns und das Verhalten von Tieren erheblich beeinflussen kann. Diese Flüssigkeiten sind reich an sezernierten Proteinen, RNAs und Stoffwechselprodukten. Bisher ist noch nicht vollständig geklärt, wie diese Faktoren die Entwicklung und die Funktion des Gehirns beeinflussen. Genau das wollen Professorin Gaia Novarino und ihr Team herausfinden. Dabei konzentrieren sie sich insbesondere auf Proteine, die mit Autismus-Spektrum-Störungen in Verbindung gebracht werden. Ihre Forschung ist ein wichtiger Schritt zu einem besseren Verständnis der Rolle extrazellulärer Faktoren bei der Entwicklung und Funktion des Gehirns. Für ihr Forschungsprojekt hat Gaia Novarino ein Stipendium des Europäischen Forschungsrats (ERC) in Höhe von 1.997.729 Euro erhalten. „Wir sind sehr dankbar und freuen uns über diese Gelegenheit. In den letzten Jahren haben wir uns zunehmend dafür interessiert zu verstehen, wie die extrazellulären Räume des Gehirns den Verlauf von Störungen wie Autismus beeinflussen können. Dank dieses ERC-Zuschusses können wir nun dieser Neugierde nachgehen“, sagt Novarino.
Der 2007 von der Europäischen Union gegründete ERC ist die erste gesamteuropäische Förderorganisation für Pionierforschung. Sein Ziel ist es, wissenschaftliche Spitzenleistungen in Europa zu fördern, indem er den Wettbewerb um Fördermittel zwischen den besten und kreativsten Forschern aller Nationalitäten und Altersgruppen anregt. Mehr als zwei Drittel der ISTA-Professor:innen haben bereits ERC-Stipendien erhalten.
Christopher Wojtan: Noch nie dagewesene Computeralgorithmen
Für sein Forschungsprojekt zur Entwicklung neuer, noch nie dagewesener Methoden zur Simulation komplexer Naturphänomene haben Professor Christopher Wojtan und seine Forschungsgruppe ebenfalls eine ERC-Förderung erhalten. Sie nutzen Computer, um komplizierte physikalische Systeme und geometrische Formen zu simulieren, die in der Computeranimation und im Ingenieurwesen angewendet werden. Ihre Idee ist es, eine breite Palette von Ansätzen zu verwenden, um neue Computeralgorithmen zu entdecken: von der Pen-and-Paper-Mathematik, bei der die guten Ideen direkt aus den Gehirnen der Wissenschafter:innen kommen, bis hin zur rechnergestützten Optimierung, bei der sie sich ausschließlich auf Computer verlassen, um neue Ideen zu entdecken. Die Fördermittel in Höhe von 1.936.503 Euro werden dazu verwendet, brillante junge Wissenschaftler:innen zu beschäftigen, um die nächste Generation von Berechnungsmethoden zur Lösung komplizierter Differentialgleichungen zu entdecken. Darüber hinaus wird das Geld dazu verwendet, mit neuen Möglichkeiten zu experimentieren, wie Computer einige dieser Probleme selbständig lösen können. „Wir gehen davon aus, dass unsere Forschung effiziente Simulationen extrem komplizierter Systeme ermöglichen wird, deren Berechnung derzeit nicht möglich ist“, erklärt Wojtan. „Wir glauben auch, dass wir völlig neue Methoden für die Physiksimulation entwickeln werden und dabei eine Reihe von theoretischen Erkenntnissen und wissenschaftlichen Fortschritten entdecken. Ich weiß, dass es da draußen viele andere brillante und fähige Forscher gibt, und ich fühle mich geehrt, dass meine Arbeit vom ERC und seinen hochqualifizierten Gutachtern in einem gründlichen Begutachtungsverfahren ausgewählt wurde.“
Carl-Philipp Heisenberg: Die Evolution der Tiere enträtseln
Eine weitere herausragende und hart umkämpfte Auszeichnung geht an Professor Carl-Philipp Heisenberg. Der Zellbiologe hat zusammen mit seinem Team ein Stipendium des International Human Frontier Science Program (HFSP) erhalten. Die Organisation fördert ausschließlich wissenschaftliche Projekte in den Life Sciences, die hoch innovativ und risikoreich sind. Das Förderprogramm genießt in der wissenschaftlichen Gemeinde aufgrund der strikten Ausrichtung auf Pionierforschung einen hervorragenden Ruf und ist wegen der hohen Autonomie, die es gewährt, sehr begehrt. In diesem Jahr erhielten nur fünf Prozent der Bewerber:innen eine Auszeichnung.
Heisenberg und sein Team werden Mechanismen erforschen, durch die die Morphogenese bei verschiedenen Tierarten erreicht wird, und dabei Entwicklungsbiologie, Zellmechanik und Evolutionsbiologie kombinieren. Insbesondere werden sie untersuchen, wie eine große Klasse von Zytoskelettelementen – die Intermediärfilamente – in der Evolution der Tiere entstanden sind und wie sich ihre Funktion bei der Morphogenese von Embryonen verschiedener Arten verändert hat. „Wir erwarten, grundlegende Mechanismen – und ihre evolutionäre Anpassung – zu entschlüsseln, durch die Intermediärfilamente in der Morphogenese des Embryos funktionieren. Der Grant ist eine großartige Gelegenheit, mit hervorragenden Mitarbeiter:innen aus der Evolutions- und Entwicklungsbiologie zusammenzuarbeiten, um grundlegende Fragen an der Schnittstelle zwischen Entwicklungsbiologie, Zellbiologie und Evolutionsbiologie zu untersuchen“, sagt Heisenberg. Das HFSP wird das Projekt für drei Jahre finanzieren. Es handelt sich hier um einen Collaborative Network Grant zusammen mit Pavel Tomancak (MPI-CBG Dresden). Andreas Hejnol (University of Bergen) und Cassandra Extavour (Harvard University).