10. Juni 2022
Wie man Zellen zum Glühen bringt
Die Wirkungsweise von grün fluoreszierenden Proteinen. Foto © Kasumi Kishi, ISTA
Würden Sie gerne grün leuchtende Augen haben? Auch wenn wir Diversität in jeder Form begrüßen, könnte eine solche genetische Veränderung für Skepsis sorgen. Es ist jedoch möglich, Zellen in lebenden Organismen grün leuchten zu lassen, und in der Zellbiologie ist diese Methode inzwischen weit verbreitet. Aber wie funktioniert das und wofür wird es eingesetzt?
Der Hund hieß Ruppy und er leuchtete im Dunkeln. Dieses Experiment der Seoul National University in Südkorea ist eine umstrittene Machbarkeitsstudie. Die Methode, lebende Zellen zum Leuchten zu bringen, hat jedoch die biologische Forschung revolutioniert. Grün fluoreszierende Proteine, kurz GFPs, strahlen grünes Licht aus, wenn sie blauem oder ultraviolettem Licht ausgesetzt werden. Die hohe Energie des blauen und ultravioletten Lichts führt den Molekülen des Proteins Energie zu. Kurz darauf geben sie diese Energie wieder ab, allerdings mit einer anderen Wellenlänge – bei GFPs sind das 500 bis 570 Nanometer, was für Menschen als grünes Licht sichtbar ist.
„Ich helfe den Wissenschafter:innen des Instituts, alle Arten von Zellen gentechnisch zu verändern, sodass sie die fluoreszierenden Proteine erzeugen“, erklärt Mark Smyth, Virenservicetechniker im Molekularbiologischen Service des Institute of Science and Technology Austria (ISTA). Dazu kreiert er spezielle Viren, die den genetischen Code für das GFP in die Zielzellen einschleusen, meist zusammen mit dem Code für ein bestimmtes Protein, das die Forscher:innen untersuchen wollen. „Diese infizierten Zellen produzieren dann das GFP und, falls vorhanden, das gewünschte Protein. Das GFP kann getrennt von dem Protein oder zusammen als ein langes Protein hergestellt werden. Das leuchtende GFP wirkt dann wie ein kleines Leuchtsignal, das mit dem Mikroskop verfolgt werden kann“, beschreibt Smyth das Verfahren. Ist das gewünschte Protein mit GFP kombiniert, können die Wissenschafter:innen den genauen Ort des Proteins in der Zelle identifiziert. Anhand der Fluoreszenz lässt sich auch überprüfen, ob ein Protein erfolgreich in die Zelle eingeschleust wurde. Darüber hinaus kann das Leuchten genutzt werden, um zu untersuchen, wie sich Zellen im Raum bewegen und wie sie sich mit der Zeit verändern.
Zellen in der Brustdrüse (links) und im Herzen (rechts) einer Maus. Die Hippenmeyer Gruppe am ISTA nutzt nicht nur grüne, sondern verschiedene farbig fluoreszierende Proteine für ihre Forschung.
Der Wissenschaft Erleuchtung gebracht
Am ISTA hat dieses Werkzeug zu einer Vielzahl von Erkenntnissen in verschiedenen biologischen Disziplinen geführt: Forscher:innen um Daria Siekhaus haben es bei Fruchtfliegen eingesetzt, um zu verstehen, wie Immunzellen in neues Gewebe eindringen, die Gruppe von Carl-Philipp Heisenberg untersuchte damit die frühe Embryonalentwicklung bei Zebrafischen, Jiří Friml und sein Team gewannen tiefere Erkenntnisse über das Pflanzenwachstum, indem sie Keimlinge zum Leuchten brachten, und die Gruppe von Simon Hippenmeyer entwickelte eine neuartige Methode für die Mausgenetik, bei der genetische Mutationen in einzelnen Zellen mit solchen fluoreszierenden Farben markiert und verfolgt werden können. Das Labor von Michael Sixt hat damit untersucht, wie sich das innere Skelett einer Immunzelle bewegt und umbaut, insbesondere wie es diese Veränderungen der Zelle ermöglichen, sich von einem Ort zum anderen zu bewegen.
Interessanterweise sind die grün fluoreszierenden Proteine keine verrückte Laborerfindung. Sie wurden in der Natur entdeckt, in Korallen und anderen Meeresorganismen. Forscher:innen isolierten sie erstmals vor sechzig Jahren aus der anmutig schimmernden Qualle Aequorea victoria und erhielten dafür 2008 den Nobelpreis. Hier hat erneut tieferes Verständnis für die Schönheit des natürlichen Lebens zu einer Fülle von technologischen und wissenschaftlichen Durchbrüchen geführt.