1. April 2021
Wissenschaftlicher Durchbruch des Jahrzehnts stoppt Laborbau
Bahnbrechende Entdeckung pausiert Bauvorhaben des neuen Bibliotheks- und Chemiegebäudes am IST Austria
Neben Corona verzögerte ein neuerlicher Zwischenfall die Bauarbeiten am Laborgebäude 5 des Institute of Science and Technology Austria (IST Austria). Die Ursache hat Nobelpreis-Potenzial: Ein bisher unbekannter, grün schimmernder Pilzbefall versetzt die Wissenschafter_innen am Campus und weltweit in Staunen.
Vergangenen Montag mussten am Institute of Science and Technology Austria (IST Austria) die Bauarbeiten für das neue Chemie- und Bibliotheksgebäude jäh unterbrochen werden. Die Bauarbeiter_innen staunten nicht schlecht, als einige Wände des Laboratory 5 einen matten Lichtschein von sich gaben. Das Gelände wurde sofort evakuiert und die Einsatzkräfte alarmiert. „Sicherheit steht bei uns – wie Exzellenz, Interdisziplinarität, Diversität und Neugierde – an allererster Stelle“, versicherte Präsident Tom Henzinger, „in diesem Fall ging es jedoch um eine Nature Cover Story!“ Ein Team, bestehend aus Vertreter_innen aller am Institut ansässigen Fachgebiete, machte sich umgehend daran, die Herkunft des geisterhaften grünen Leuchtens zu klären.
„Wie in einer anderen Welt“
Die internen Scientific Service Units stellten den Wissenschafter_innen Ganzkörper-Schutzanzüge aus dem Clean Room zur Verfügung, Professor Fink steuerte einen Quantenradar bei und Professor Browning stattete das Team mit einer brandneuen 15-stelligen Lösung einer diophantischen Gleichung aus.
„Als wir das Gebäude betraten, war es plötzlich wie in einer anderen Welt“, berichtet Vice Executive Präsident und Zellbiologe Michael Sixt von der Expedition. „Aus Sicherheitsgründen sind die Stromleitungen des Gebäudes gekappt worden, weshalb das geisterhafte Leuchten die einzige Lichtquelle war.“ Der Forschungstrupp ermittelte, wie weit sich das Phänomen ausgebreitet hatte. Aufgrund der endlichen Größe der Ausbreitung gelang es dem Physiker Maksym Serbyn, zwischen Chaos und Lokalisierung zu unterschieden. „Nanokristalle im Zement hätten eine homogene Verteilung des Leuchtens bewirkt, weshalb wir sie als Ursprung ausschließen konnten“, erklärt Maria Ibáñez, Professorin für funktionelle Nanomateralien. „Das Leuchtmuster legt einen organischen Ursprung nahe.“
Die Wissenschafter_innen Kondrashov, Benková und Friml stellten vor Ort eine bahnbrechende Hypothese auf. Seit der Entdeckung des Schlüsselgens im Pilz Neonothopanus nambi, mit dem Professor Kondrashov bereits Hefepilze zum Leuchten brachte, hatten sich die seither vernachlässigten Fungi eigenständig auf die Suche nach Nährstoffen gemacht. „Wir kennen den Mechanismus von Arabidopsis Setzlingen“, erläutert Entwicklungsbiologin Benková. „Wenn eine Pflanze in suboptimalem Boden vegetiert, versucht sie, ihr Wachstum so lange wie möglich aufrechtzuerhalten, um eine geeignetere Nährstoffquelle zu finden. Dass dies auch bei sporenbildenden Organismen und vor allem über solche Distanzen geschieht, ist an sich schon ein wissenschaftlicher Durchbruch!“
Durch Zufall musste der hungrige Pilz ein Salicylsäure-Vorkommen entdeckt haben. Der Stoff befindet sich in Schmerzmitteln wie Aspirin und Ibuprofen. Die Medikamente lagern für die zeitkritische Erstellung von Förderanträgen in kompetitiven Spitzenausschreibungen in jedem Schreibtisch des Instituts. Jiří Friml, Zellbiologe: „Wie wir kürzlich in Cell Reports veröffentlichten, interferieren Schmerzmittel mit dem Fluss des Pflanzenhormons Auxin, das für die Orientierung verantwortlich ist. Der Pilz hat es im Schreibtisch gefunden, sich daraufhin quasi verlaufen und sich im Laboratorium 5 niedergelassen.“
Als das Expeditionsteam zurückkehrte und die Erkenntnisse verkündete, brach frenetischer Jubel aus und Professor Kondrashov und Präsident Henzinger gaben laut Ohrenzeugen ein improvisiertes Seemannslied zum Besten. Ungewiss sind die genaue Wirkung des Aspirins auf Neonothopanus nambi und die Ursache für seine Ansiedlung am Baustellengelände. Dass es mit den knapp 15 Tesla starken Magneten von Physikerin Kimberly Modic zusammenhängt, die soeben ins Lab West angeliefert wurden, ist zum jetzigen Zeitpunkt bloße Spekulation.
Schneller als die Mathematik erlaubt
In Hochstimmung beriet man sich bei Kaffee – dem Treibstoff gelebter Interdisziplinarität – unter Sicherheitsabstand über den weiteren Verlauf. „Noch während des ersten Espressos haben Kollegin Sweeney und ich für einen ERC-Grant für die Erforschung von Zellmigration in neuen Laborstätten eingereicht“, verkündet Michael Sixt stolz. Jener für Professor Johann Danzl, der neue schaltbare fluoreszente Proteine (RSFP) für die Femtoskopie im Leuchtpilz vermutet, war am Ende der Melange bereits bewilligt. Produktiver war nur der Mathematiker Julian Fischer.
Er modellierte die Grenzflächen des Organismus gemäß des Gradientenabstiegs des Oberflächenfunktionals und publizierte über Nacht drei neue Beiträge in renommierten Fachjournalen. Jedoch resultierten die partiellen Differentialgleichungen in zu schwachen Lösungen, denn das Leuchten überstrahlte am nächsten Morgen bei weitem die kalkulierte Zunahme. „Zufällige Prozesse sind oft so unregelmäßig, dass bestehende mathematische Methoden zu kurz greifen“, gibt Jan Maas, Professor für analytische Stochastik und stochastische Analysis, zu bedenken. „In diesem konkreten Fall gehen wir aber keineswegs von Zufall aus.” Unter der Hand vermuten viele Fakultätsmitglieder eine Nacht-und-Nebel-Aktion von Professor Kolmogorov, der für seine diskreten Optimierungen bekannt ist – zuletzt verkürzte er heimlich die Anfahrtsdauer ans Institut aus Wien auf vier Tagesreisen.
Die starke luminöse Aktivität wurde zum Anlass genommen, einen revolutionären Vorschlag von Prof. Stefan Freunberger in die Tat umzusetzen. Er arbeitet seit Jahren mit elektrochemischen Materialien zur Speicherung und Gewinnung von Energie. In der Kampagne „IST Austria Impft“ sollen nun sämtliche andere Gebäude mit dem Leuchtpilz „geimpft“ werden. Doch die Pläne sind noch ehrgeiziger.
Wegweisende Green Tech-Offensive am IST Austria
In einem weiteren Schritt soll die photoelektrische Energie der Gebäude ökonomisch nutzbar gemacht werden und das IST Austria zum ersten bioluminaren Kraftwerk erweitert werden. Hinter den im Bau befindlichen Gebäuden 5 und 6 sollen bis 2030 weitere elf Gebäude errichtet werden, während bis 2040 ein vollständiger Ausbau des Campus bis inklusive Redlinger Hütte konzipiert ist. Die Ressourcen für den Ausbau waren schnell aufgetrieben. „Das Land Niederösterreich steht seit Jahren für grüne Stromproduktion und technologische Innovation und wird diesen Ausbau natürlich mitfinanzieren“, zeigt sich die Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner tatkräftig. Bildungsminister Heinz Faßmann bestätigt seinerseits die Zuschüsse vom Bund in Form von multimobilen Spektralfiltern, de facto Sonnenbrillen im grünen Lichtbereich, für die Anrainer in Maria Gugging.
Den Großteil der Investitionen will das IST Austria durch ein hauseigenes Startup einspielen. „Lume Technologies macht Bioleuchttechnologien in diversen Formen marktreif“, gibt Managing Director Georg Schneider bekannt. Die Erwartungen sind hoch. Der Pilz soll als Zwischengattung sowohl Pflanzen als auch Tiere gezielt zum Leuchten bringen. Man erhofft sich Lume Trees, also Bäume, die Straßenlaternen ersetzen, und sogenannte IlluminANTS. Die biolumineszenten Glühameisen könnten bald sämtliche Ameisen in den Brotkästen der Welt ersetzen und eine Revolution der Küchenbeleuchtungsindustrie auslösen. „Wir rechnen mit großem Widerstand von der Ameisenfallenlobby“, gibt die Ameisenforscherin Sylvia Cremer zu bedenken, lässt sich davon aber nicht beirren. „Aber die sollen nur kommen. Unsere Wissenschaftskolonie hier in Gugging ist kollektiv geschützt durch unser individuelles Verhalten und unseren starken sozialen Interaktionen. Außerdem gewinnen am Ende immer coole schimmlige Leuchtameisen!“