1. April 2022
ISTA verkauft Logo als NFT
10 Millionen Euro für österreichische Grundlagenforschung im Metaversum
Erneut lukriert das Institute of Science and Technology Austria (ISTA) Millionenbeträge für die Wissenschaft. Das altgediente Logo „IST Austria“ wurde jetzt als Non-Fungible Token (NFT) erfolgreich verkauft. NFTs sind eindeutige digitale Repräsentationen von digitalen oder physischen Objekten auf der Blockchain. Der eingenommene Geldbetrag finanziert die Digitalisierung der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung und markiert damit den Aufbruch des Instituts ins Metaversum.
Als erstes Forschungsinstitut weltweit verkaufte vergangenen Dienstag das Institute of Science and Technology Austria (ISTA) sein altes Logo „IST Austria“ als Non-Fungible Token, kurz NFT. Das Markenzeichen der renommierten Forschungseinrichtung wurde dabei nicht als einzelnes digitales Objekt, sondern in Form von 966 Teilen zu je 10.000 Euro veräußert. Der Gesamtbetrag von 9,66 Millionen Euro wurde innerhalb weniger Minuten von internationalen Käufer:innen erzielt. „Wir wählten diese Stückelung, weil alle unsere 966 Mitarbeiter:innen am Campus Teil unserer einzigartigen Identität sind“, erläutert Managing Director Georg Schneider, „und ich wünschte, es wären mehr gewesen!“
Inspiration war der Vorstoß des Wiener Belvedere Museums, das zum diesjährigen Valentinstag Gustav Klimts Meisterwerk „Der Kuss“ in 10.000 Mini-NFTs teilte und Millionen generierte. „Von Busserln wollen wir – pandemisch betrachtet – nichts wissen“, stellt ISTA-Präsident Thomas Henzinger klar. „Für uns stand fest: Wollen wir nach 15 erfolgreichen Jahren der Wissenschafts-Community etwas zurückgeben? Na logo!“
Klimabilanz und Kreislauf-Branding
Skepsis gab es nach der Ankündigung auf Twitter sogar von Klimaikone Greta Thunberg, doch es wurde vorgebeugt. „Im Kern geht es uns um Nachhaltigkeit: Wie recycelt man ein ausgedientes Logo?“, sagt Michael Sixt, Executive Vice President und für die Service-Einrichtungen am Campus zuständig. „Was hier gelingt ist gelebtes Kreislauf-Branding.“ Um Ressourcen zu schonen, wurde auf hauseigene Expertise zurückgegriffen: Die verwendete Blockchain basiert auf dem klimafreundlichen Protokoll von Kryptographie-Professor Krzysztof Pietrzak, die Energie für die Server wird vom Green Energy Start-up Lume Technologies des IST Parks bereitgestellt.
Die optimal ästhetische Zerstückelung des Logos in 966 Teile lieferte Professor Uli Wagner mit Hilfe seiner simplizialen Komplexe, weitere Optimierung gelang dem Computerwissenschafter Marco Mondelli, der die hochtrainierten neuronalen Netze seiner Doktorand:innen darauf ansetzte. „Ich bin dem Institut sehr dankbar, dass die enorme Klimabilanz aller NFT-Transaktionen massiv reduziert werden konnte“, schätzt Klimawissenschafterin Caroline Muller die technische Umsetzung. Die verbleibenden Emissionen konnte die ISTA Sustainability Gruppe mit einem Hochbeet kompensieren.
Wohin die Reise geht: ISTA-Labors im Metaversum
„Aufbruch in das digitale Zeitalter der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung!“, jubiliert Bernd Bickel, Vizepräsident für Technology Transfer, angesichts dieses ersten Schrittes einer bahnbrechenden Digitalisierungsstrategie. Demnächst werden seine und Chris Wojtans Visual Computing-Gruppen das Management des Instituts zu Avataren digitalisieren. Besonders die feinlockige und hochkomplexe Frisur des 2023 startenden neuen Präsidenten, Martin Hetzer, ist derzeit Gegenstand intensiver Forschung. Im nächsten Schritt werden die Hunderten Wissenschafter:innen des Instituts zu digitalen Klonen verarbeitet. Gereiht wird hierbei nach einer Metrik aus Zitierungen und kognitiven Fähigkeiten, die mittels genetischer Analyse von Blutproben sämtlicher Forscher:innen durch die Robinson-Gruppe ausgewertet werden. Das virtuelle Fleisch und Blut steuert die Professorin Anđela Šarić mit ihrer computergestützten lebenden Materie bei.
Der gesamte Campus samt Labors, Bibliothek und Cafeteria wird als virtuelle Kopie im Metaversum angelegt, wo der neue Professor Lefteris Kokoris-Kogias, zeitgleich Wissenschafter bei Facebook Research, einen guten Deal aushandeln konnte. Um die Besiedelung zu begünstigen, wird allen Avataren ein digitales Gen namens Atossa eingesetzt, um eine höhere Prozessor-Leistung zur Migration in die neuen Gebäude bereitzustellen. Dem barrierefreien Zugang, gerade auch für den Dialog mit wissenschaftsfeindlichen Anti-Vaxxer-Trollen, steht dann nichts mehr im Wege – außer ein Windows-Update.
„Open Access ist uns ein großes Anliegen“, betonen sowohl der Bibliothekar Patrick Danowski wie auch Vizepräsidentin für Science Education Gaia Novarino. „Ab 2023 wird ISTA kein einziges Buch und keine einzige analoge Veranstaltung mehr haben. Vom Open Campus Day bis hin zum Bewerbungsgespräch – jeder ist willkommen am DigitISTA!“ Hinsichtlich der Bewerbung gibt Eva Benková, Dekanin der Graduate School, bekannt: „Wenn alles wie geplant läuft, können wir bereits ab September 2022 die ersten truly digital natives als Studierende auf DigitISTA empfangen und nächstes Jahr vollständig umstellen.“
Naturgesetze zum Geburtstag schenken
Als umstritten gilt bislang das Vorhaben, auch die Forschung in die digitale Welt auszulagern. „Ich habe mich mit Kollegen Tamás Hausel auf ein Higgs-Bündel geworfen und wir konnten die virtuelle Raumzeit topologisch derart erweitern, dass sämtliche realen Naturgesetze auch im Metaversum existieren“, versichert der mathematische Physiker Herbert Edelsbrunner. Damit aber auch die Quantenphänomene naturgetreu vorliegen, müssen Programme für das Metaversum auf sogenannten Quantencomputern laufen. Die drei Gruppen von Johannes Fink, Georgios Katsaros und Andrew Higginbotham arbeiten gleichzeitig Tag und Nacht – in einer sogenannten Forschungs-Superposition – an der Entwicklung der neuen Technologie. „Wenn es gelingt, die Realität hinreichend genau zu simulieren, ließen sich aus der digitalen Welt neue Formeln und Theorien ableiten“, erklärt Robert Seiringer, Vorsitzender der Fachrichtungen Mathematik und Physik.
Erste Testläufe versprechen Großes: Am virtuellen Billardtisch der Instituts-Bar hat Physiker Vadim Kaloshin eine differentialgeometrische Gleichung gefunden, die bisher unbekannt war. Nun wird auch diese Formel als NFT vertrieben. „Hier entstehen lukrative Potenziale: Stellen Sie sich vor, Sie könnten Ihrer Geliebten irgendwann zum Hochzeitstag die Schwerkraft oder die Evolutionstheorie schenken“, visioniert Markus Wanko, Gründer und Geschäftsführer vom Venture Capital Fonds IST cube. Die Rechtsabteilung prüft derzeit das österreichische Tierrecht, inwieweit auch Schrödingers Katze und Pawlows Hund als NFT-Haustiere veräußert werden könnten.