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31. Mai 2023

Wie man eine neue Tradition schafft

Ein neues präsidiales Erbstück symbolisiert Forschung und Geschichte am ISTA

Traditionen symbolisieren die Geschichte und die Werte einer Institution. Eine relativ junge Institution wie das Institute of Science and Technology Austria (ISTA) hat die Chance, selbst neue Traditionen zu schaffen. Ausgehend von den Forschungsfeldern und Werten des Instituts und in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Künstler und Designer Andreas Palfinger schuf ISTA eine neue Präsidentschaftskette – ein Erbstück, das von Generation zu Generation weitergegeben werden soll.

Die neue Präsidentschaftskette des ISTA. Sie symbolisiert die Forschungsbereiche des Instituts, seine Führung und seine Werte sowie die Menschen, die exzellente Wissenschaft möglich machen. © ISTA

Wie schafft man eine neue institutionelle Tradition, die Bestand hat? Ein Team des Institute of Science and Technology Austria (ISTA) musste diese Frage für die im April stattgefundene Einführungszeremonie von Martin Hetzer, seinem zweiten Präsidenten, beantworten. Altehrwürdige Universitäten sind von Traditionen durchdrungen und stellen bei Feierlichkeiten wie dieser ihre historischen Insignien, dramatische Roben oder sogar kunstvolle Zepter zur Schau.

Doch was sollte eine relativ junge Institution wie ISTA für die erste Übergabe ihres Präsidentenamtes tun? Ein engagiertes Team rund um Mia Meus, Kuratorin der wissenschaftlichen Ausstellungen am ISTA, und dem österreichischen Designer und Künstler Andreas Palfinger nahm sich dieser Herausforderung an.

Mit Bedeutung versehen

Die Amtseinführung von Martin Hetzer war ein Novum in der Geschichte des ISTA. Der erste Präsident Tom Henzinger leitete das Institut seit seiner Gründung im Jahr 2009, bis Hetzer Anfang 2023 das Amt übernahm. Die Zeremonie und ihre Insignien sollten Henzingers Engagement und Leistungen würdigen und die Übergabe des Präsidentenamtes symbolisieren. Ein Anlass, um den multidisziplinären Forschungsansatz des ISTA, seine Grundwerte und die Menschen dahinter hervorzuheben.

„Wir wollten ein Erbstück schaffen, das von Präsident:in zu Präsident:in weitergereicht werden kann“, erklärt Meus. „Es sollte die Wissenschaften mit den Künsten verbinden und sich von den sehr traditionellen Insignien anderer Institutionen abheben, indem es die Geschichte des Instituts im Laufe der Zeit aktiv inkorporiert.“ Eine gewaltige Aufgabe, aber Meus kannte genau den richtigen Ansprechpartner dafür.

Andreas Palfinger ist ein österreichischer Künstler, der in New York lebt und sich auf interdisziplinäre Arbeiten im Rahmen von virtueller Szenografie, organisch-parametrischer Geometrie und funktionalen Fiktionen konzentriert. Er war von diesem Projekt sofort begeistert: „Was mich bei der Arbeit an diesem Stück fasziniert hat, waren die Fragen, die es aufwirft – über Möglichkeiten, Systeme zu schaffen, die länger Bestand haben als jede einzelne der heute beteiligten Personen.“

Design eines Symbols

Gemeinsam mit Meus, Hetzer und mehreren Mitarbeiter:innen des ISTA entwickelte Palfinger ein Design für eine Präsidentschaftskette, die sowohl die Präsident:innen und ihre Arbeit als auch das Institut selbst repräsentiert.

Als Anspielung auf die multidisziplinäre Forschungskultur am ISTA besteht die Kette aus einer Kombination von organischen und technologisch inspirierten Elementen. Ihr Herzstück ist eine gerahmte Siliziumscheibe, die das Institute selbst repräsentiert, auf der die Leitprinzipien des ISTA in goldenen, mikrometergroßen Buchstaben geschrieben stehen zusammen mit einer Silhuette des historischen Hauptgebäudes. Die Ornamente, die das Zentrum umgeben, sind jedoch keine Edelsteine, sondern schraubenförmige Formen, welche die technologische Seite der Forschung und ihre weitreichenden technologischen Auswirkungen zum Ausdruck bringen.

Organische Formen, die auf sich wiederholende Fraktale anspielen und sich vom Zentrum der Scheibe aus bis über deren Rand erstrecken, stehen für die große Bandbreite an Größenordnungen, in denen am ISTA geforscht wird – von Atomen und Molekülen über Zellen und Ameisen bis hin zum interstellaren Raum. Die konzentrischen Kreise, die sie durchqueren, symbolisieren Sonnenumläufe, das Wachstum von Baumringen und die periodische Wiederkehr von Zyklen in der gesamten Wissenschaft.

Entwürfe für das Herzstück und die Elemente der Präsidentschaftskette. Das Mittelstück verbindet verschiedene Aspekte der Forschung und hält in seiner Mitte eine Siliziumplatte mit den Leitprinzipien des ISTA. Jedes Kettenglied symbolisiert einen Forschungsbereich des Instituts. Ihre Auswahl kann erweitert werden, wenn das Institut wächst und sich neuen wissenschaftlichen Herausforderungen stellt. Von links oben nach rechts unten: Mittelstück, Astronomie, Biochemie, Zellbiologie, Chemie, Computerwissenschaften (Hardware), Datenwissenschaft (Software), Erdwissenschaften, Evolution und Ökologie, Mathematik, Neurowissenschaften und Physik. © Andreas Palfinger

Die Teile, aus denen sich die Kette zusammensetzt – die sogenannten Elemente –, spielen eine wichtige Rolle dabei, dass sie zu einem sich entwickelnden Artefakt wird. In der Mitte jedes Elements wird die Nanofabrication Facility des ISTA im mikroskopischen Maßstab den Namen und die Dauer der Amtszeit der Präsident:innen des Instituts schreiben. Da jede:r Präsident:in auch Leiter:in einer Forschungsgruppe am ISTA ist, repräsentiert das Design der Kettenelemente auch deren Forschungsgebiet.

Da es am ISTA elf große Forschungsbereiche gibt, wurde für jeden ein eigenes Design erstellt. Gegenwärtig bilden Henzingers Arbeiten zu parallelen und eingebetteten Systemen in den Computerwissenschaften und Hetzers Forschungen zu Proteinhomöostase und Alterung in der Zellbiologie die ersten beiden Kettenglieder. In den kommenden Jahrzehnten werden die übrigen Glieder ihre eigenen Designs für das jeweilige Forschungsgebiet der Präsidentin oder des Präsidenten erhalten.

Außerdem entwarf das Team um Meus zwei Stoffstolen in ISTA-Grün, die mit dem Mission-Statement bestickt sind. Diese wurden bei der Inaugurationszeremonie vom scheidenden und vom neuen Präsidenten getragen. Meus fügt hinzu: „Traditionen brauchen eine Geschichte, und mit diesem neuen Erbstück, das wir geschaffen haben, erzählen wir eine. Es verbindet die Grundlagen, auf denen das Institut aufgebaut ist, mit der Weitergabe der Präsidentschaft über die Jahre hinweg.“

Nanometerbuchstaben

Nachdem die Entwürfe fertig waren, mussten Meus und ihre Kolleg:innen sie in die Realität umsetzen. Todor Asenov, Leiter der Miba Machine Shops, erklärt: „Unsere Ingenieur:innen haben zunächst alle Teile auf einer CNC-Maschine aus Kupfer herausgeschnitten und sie dann mit einer dünnen Silberschicht überzogen.“ Nach der Reinigung und Montage übergaben sie die Teile an die Nanofabrikation. „Das Mittelstück mit seinen komplizierten Details war eine Herausforderung, aber nichts, was unsere Ingenieur:innen nicht bewältigen konnten. Wir stellen zwar regelmäßig Sonderanfertigungen für wissenschaftliche Experimente her, aber diese Kette war ein besonderer Auftrag, den man nicht jeden Tag sieht“, fügt Asenov hinzu.

Details der fertigen Präsidentschaftskette. Sowohl das Mittelstück als auch die beiden Kettenelemente, eines für jede:n Präsident:in, enthalten in ihrer Mitte mikrometergroße Schriftzüge auf einer Siliziumplatte. © ISTA

In der Nanofabrication Facility stellten die Reinraumingenieurin Lubuna Shafeek und der Facility Manager Salvatore Bagiante die mikrometergroßen Schriftzüge für die Mittelstücke der Elemente her. In einem heiklen, mehrstufigen Verfahren brachten sie mithilfe eines Elektronenstrahls eine dünne Goldschicht auf der Oberfläche der Siliziumplatten an. Auf diese Weise schrieben sie die Leitprinzipien der ISTA mit Buchstaben von weniger als einem Zehntel Millimeter Größe auf die Scheibe. Der Text wurde in Gold gesetzt, das nur 60 Nanometer dick ist, also etwa tausendmal kleiner als die Größe der Buchstaben. Auf ähnliche Weise schrieben sie den Text für die Kettenelemente von Henzinger und Hetzer. Die fertige Montage zeigt das technische Können der Techniker:innen und Ingenieur:innen in den wissenschaftlichen Services des ISTA und wie wichtig diese für eine erfolgreiche Forschung auf Weltniveau sind.

Rechtzeitig zur Einführungszeremonie im April fertiggestellt, war die Kette das zentrale Symbol der Veranstaltung. Henzinger überreichte sie Hetzer mit den besten Wünschen für seine Präsidentschaft, während er die bestickten Stolen trug. Nun befindet sich dieses neue Erbstück des Instituts im Büro des Präsidenten.

Präsident Martin Hetzer mit der Präsidentschaftskette. © Anna Stöcher / ISTA


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